Montag, 7. September 2015

#15 Rotchäppli in Love - Prestige ist das neue Pink



Prestigeobjekte werden immer wichtiger, ja schon fast essenziell – wer fährt den schnelleren Wagen, wer hat die grösste Michael Kors Sammlung zuhause (falls dieser Trend schon wieder passé ist, dann tuts mir ja leid) oder wer hat schlicht weg am meisten vorzuzeigen. Dabei habe ich mir letztens noch im Bett Gedanken darüber gemacht, dass mein damaliger Lebensstil mittlerweile garnicht mehr meinen jetzigen Bedürfnissen entspricht.

Ich habe mir wirklich Gedanken darüber gemacht, was ich im Leben brauche um glücklich zu sein – nicht nur was ich möchte. Wenn ich Dinge aufzählen kann, die ich möchte, habe ich bei weitem noch nicht all die Dinge die ich tatsächlich brauche. Hät ich gerne wieder einen Audi, na logo. Hät ich gern wieder eine teure Hütte für 2.5 k, na logo. Aber seitdem ich diesen ganz besonderen Mann kennen und lieben gelernt habe, der im Juno in mein Leben schritt, habe ich ganz andere Bedürfnisse in mir selber wahrgenommen oder gar wieder entdeckt. Er könnte mir Gänseblümchen vom Friedhof pflücken und ich würde ein riesen Bouquet sehen. Er könnte mit mir in einer kleinen Wohnung abseits leben und ich würde es mein liebevolles Zuhause nennen. Er könnte mich mit an den See oder die Aare nehmen und ich fühle mich wie im Urlaub. Er könnte mit mir Kebabessen gehen und ich geniesse es genauso wie im Gourmet Tempel.

Mein Partner ist für mich mein Zentrum, meine Familie, mein Halt und das Wesentliche im Leben – alles andere ist nur noch Beilage für mich.

Ich kann Männer verstehen die dem Thema Ehe mit einer gewissen Abneigung entgegentreten. Man sagt zwar, dass es der Tag der Braut ist, aber ich will und brauche kein Fest in dem ich im Mittelpunkt stehe und dafür mehrere tausend Franken verballer. Mich würde das Thema auch verschrecken, wenn Frau mit ihrer endlosen Liste von Sonderwünschen kommt. Jeder soll und darf zelebrieren wie er möchte, aber ich finde oftmals ist der Fokus zu sehr auf die Träume einer Frau ausgelegt, die sie damals als Kind hatte. Natürlich ist die Prinzessinen Hochzeit der Kindertraum schlechthin – aber es ist die Zelebrierung einer Bindung, nicht der eines längst vergangenen Kindertraums. Aber wo bleibt das Wesentliche? Wo bleibt die Intimität, die Art von Intimität die euch als Paar erst dort hingebracht hat? Ich bin mir sicher, dass jeder seinen Traditionen treu bleiben kann, wenn er nicht den Blick für das Wesentliche verliert. Wieso muss es ein Verlobungsring von Tiffany’s sein – weil es ein riesen Hype von damals ist und man wahrscheinlich neugierigen Nervensägen nicht sagen möchte, dass der Verlobungsring keiner aus dem Edelhause ist. Ich finde spätestens da sollte man sich fragen, wieso man sich verlobt.

Mit dem richtigen Mann an deiner Seite wird jeder Moment etwas Besonderes, jeder Fortschritt ist ein weiterer Stein auf dem Fundament, jede Aufmerksamkeit und Zuwendung ist ein besonderes Geschenk von Herzen. Wenn wir uns mehr darauf besinnen können, was wir brauchen – anstatt zu erfragen was wir wollen – dann bin ich mir sicher, dass wir alle viel glücklicher sind. Wer den Pfennig nicht ehrt, ist die Mark nicht wert.
Wenn wir nach dem Prinzip gehen, wag ich sogar zu behaupten, dass einige Ehen garnicht erst entstehen würden. Wie vielen Frauen geht es heutzutage noch darum eine Familie zu sein resp eine Familie zu gründen, wie vielen Frauen geht es noch um das eigentliche Geben und Erhalten des Eheversprechens? Oder dass die Kinder den gemeinsamen Familiennamen tragen? Nennt mich altmodisch, aber früher wurde man eher schräg angeschaut, wenn man zusammenlebte und nicht verheiratet war oder gar bis 35 munter durch die Geschichte reiste und keine Kinder hatte. Ich persönlich finde es schade, dass ich heutzutage belächelt werde, weil ich 25 bin und mir solche familiären Werte am Herzen liegen und ich diese genauso gerne umsetzen möchte wie meine Eltern und deren Eltern zuvor. Anscheinend ist Prestige das neue Pink, für mich aber nicht.

Ich dachte immer, dass es mein Traum sei eine grosse und exklusive Hochzeit zu feiern oder dass es unbedingt notwendig ist in einer riesigen Attikawohnung zu leben. Mittlerweile fühl ich mich in behaglicher Zweisamkeit so viel wohler und sicherer, dass alles andere Nebensache geworden ist. Es muss nichts kompensiert werden, weil alles vorhanden ist. Wenn ich abends nachhause komme freue ich mich jedes Mal, weil ich weiss, dass alles was ich brauche dort auf mich wartet. Wenn ich überteuerten Schmuck sehe, schaue ich meinen Ring an und lächel, weil kein Geld der Welt die Bedeutung des Ringes aufwiegen kann. Wenn ich wunderschöne und pompöse Hochzeiten sehe, freue ich mich insgeheim auf eine kleine, bescheidene familiäre Hochzeit – dieses Mass an Intimität und Vertrautheit kann mir selbst die luxuriöseste Hochzeit niemals geben.


Liebe ist Luxus, wenn man sie mit dem Herzen betrachtet. Wer das nicht sieht, schaut nicht richtig hin.

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