Franklin’s Liste
Ja der Wink mit dem Zaunpfeil ist nicht willkürrlich, ich vergleiche es gerade ein bisschen mit Schindler’s Liste – nur dass seine Liste auf einem iPhone ist und sich dort zahlreiche Frauen untereinander als rote Nummern zieren.
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Franklin ist ein Freund von mir und wir haben ziemlich rasch entdeckt, dass wir beide stundenlang über das Thema Mann/Frau & Dating debattieren können, weil wir beide mit dem gleichen Mass an Interesse dahinter gehen. Nur halt verschieden.
Er hat sich bereit erklärt mir Stoff für meinen Blog zu liefern, und ganz ehrlich, ich finds genial weil es so vieles belegt, was ich seit eh und jeh dachte. Ich als Frau kann vieles aus Erfahrung erzählen, aber was ist handgriffiger als der Einblick in das Datingleben eines Mannes, nachdem sich die meisten Frauen die Finger lecken? Eben.
Die Anzeigebilder Franklin‘s Whatsapp könnten verschiedener nicht sein, dennoch haben sie alle etwas gemeinsam. Alle teilen sie sich die Aufmerksamkeit eines Mannes, für den sie momentan nichts weiter als Plan Freitag, Plan Samstagnachmittag oder Plan gestern sind/waren. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich gerade fasziniert schmunzeln oder augenrollend seufzen soll. Immerhin war jede von uns mal eine rote Nummer oder der 4. Chat von oben – unwissend meistens, behaupte ich jetzt mal.
Weil ganz ehrlich, wir Frauen sind so voller Ego und Stolz, niemals im Traum würden wir davon ausgehen, dass wir während der Datingphase nur eine von 20 oder mehr weiblichen Handykontakten sind.
Es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit und das spiegelt wiederum auf sehr drastische und traurige Art und Weise unser weibliches Ego wieder. Whatsapp ist wie Battlefield – für Frauen. Da fliegen Granaten in einem Moment und im nächsten wird die weisse Fahne inkl. Lippenstiftabdruck geschwenkt. Und der liebe Franklin sitzt da ganz gemütlich mit Stil und denkt sich „whatever“ – es gibt ja immer noch Plan Donnerstag und Plan nächste Woche Montag, wobei keiner der Granaten werfenden Damen sich jetzt noch dazu zählen kann. Wie kann es ihm denn nur so egal sein?
Diese Frage zu beantworten ist garnicht so schwer – für ihn bedeutet das Handy nicht „sein oder nicht sein“ – er sieht Frauen nicht als Investition, sondern als bekömmliche Ablenkung. Warum sollte es ihn jucken, wenn ihm Plan Montag um die Ohren fliegt, wenn heute schon Dienstag ist?
Für uns Frauen ist die Kommunikation via Handy mittlerweile fast gleichgestellt mit echten Gesprächen, daher sehen wir auch nichts falsches darin ganze Romane rauszuhauen und unserer Paranoia Attacke freien Lauf zu lassen. Ist ja so gut wie das gleiche, oder? Und nein, wieder weit gefehlt liebe Damen. Und ja, ich weiss genau wie es ist, das Kribbeln in den Fingern – die Wut, die in einem aufbrodelt und das Verlangen den anderen Idioten wissen zu lassen, dass er einen mal kreuzweise kann. Am Ende juckt es ihn ziemlich wenig und euch umso mehr, weil ihr a.) nicht die entsprechende Antwort kriegt oder b.) „charmant“ ignoriert werdet. Wenn Pläne nicht aufgehen, dann werden neue gemacht, aber nicht mit euch.
Der liebe Franklin hat mich ein paar Chats lesen lassen und hat mir einen kleinen Gesamtüberblick von seinem Whatsapp gegeben. Was ich gesehen hab, war das gleiche Schema – das gleiche Schema in das auch ich gepasst hatte bei jemand anderem – Ping Pong vom Feinsten. Da wurde mir schlagartig bewusst, dass wir Frauen der Inbegriff von Inkonsequenz sind. Angestachelt vom egounterstreichenden Gefühl, dass wir ohne Konkurrenz bei einem Mann stehen. Würden wir sonst einen Mann zum Teufel jagen, nur damit wir nach zwei gequälten Tagen wieder angekrochen kommen und schreiben „ich vermisse dich“? Nein, würden wir nicht. Aber da wir davon ausgehen, dass wir eine privilegierte Position bei ihm geniessen, wollen wir dem armen Idioten noch eine Chance geben, weil wir ihn insgeheim doch schon sehr mögen und unser Ego ein „nein“ nicht akzeptiert. Für viele Frauen ist stagnierende Aufmerksamkeit ein Knacks im Krönchen – für Franklin ist es einfach ein logischer Ablauf von Gegebenheiten. Es wurde etwas Zeit in Plan Montag investiert, Plan Montag wurde umgesetzt und Plan Montag hat ihn einfach nicht vom Hocker gehauen. Wir reden heute nicht über die Ursachen, sondern um das Verhalten vor und nach der mehr oder weniger unausgesprochenen Abfuhr.
Ich war mal in einer sehr ähnlichen Situation und Gott bewahre ich will keine Lügen erzählen, aber ich wette auf meine geliebten Converse, dass auch ich nichts weiter als eine rote Nummer in der ellenlangen Anrufliste war. Jetzt wo mir bewusst geworden ist, dass sich die Zeiten dank Whatsapp und Co. geändert haben und dass sich manche Whatsapp Chats wie Menükarten lesen lassen, weiss ich, dass die Kommunikation für mich persönlich wieder ganz andere Wege einschlagen muss. Ich will keine red lady sein, ich will keine Weltmeisterin im Ping Pong spielen sein – ich will wieder echte, lebendige Kommunikation.
Stellt euch vor: euer Gegenüber sagt euch Angesicht zu Angesicht weder guten Morgen oder gute Nacht, schaut euch in die Augen und ignoriert stumm eure Fragen, während er sich zur Person links von ihm dreht und munter weiter plappert. Würdet ihr euch das gefallen lassen? Höchstwahrscheinlich nicht. Warum passiert es dann via Whatsapp? Warum schreiben wir einem Kerl hinterher, der sich nicht mal die Finger krumm macht um ein einfaches ja oder nein zu schreiben? Warum investieren wir so viel von uns in einen Kerl, der offenbar kein Interesse mehr hat? Für Männer ist die Kommunikation via Handy wie ein Hintertürchen aus der sie jederzeit verschwinden können, sie wird nicht so ernst genommen wie von uns Frauen. Für uns Frauen ist Handy Kommunikation = echte Kommunikation. Und ich denke da liegt schon der Fehler, die Grundlagen sind völlig verschieden und die Erwartungen entsprechend fehl am Platz.
Vielleicht sind unsere Egos einfach zu gross manchmal